Vorbemerkungen, Motivation

Vorwort
Als ich vor einem Jahr, im August 2009, die SIGGRAPH in New Orleans besuchte, sagte jemand zu mir: “Das wollte ich auch immer machen – ich wollte immer schon einen eigenen Animationsfilm hier auf der SIGGRAPH zeigen!” Ich nickte freundlich und nippte an meinem Starbuck´s-Kaffee und in meiner Brust schwoll ein warmes zufriedenes Gefühl an: Stolz. Ich war stolz wie Oskar, weil ich genau das gerade geschafft hatte. Ich habe einen 3D-Animationsfilm selbst erstellt und die SIGGRAPH hat ihn gezeigt.

Impressions from SIGGRAPH 2009, New Orleans

Impressions from SIGGRAPH 2009, New Orleans


Filme des Animationsprogramms der SIGGRAPH 2009

Woran scheitert man?
Wie platziert man seinen eigenen Animationsfilm auf einem Festival? Man muss ihn dort einsenden! Aber wie bekommt man seinen Film auch rechtzeitig fertig? Bekommt man ihn überhaupt fertig? Woran scheitert man? Darf ich Ihnen etwas verraten? Sie scheitern nicht an mangelndem Talent. Auch nicht daran, dass Ihre Filmidee nicht “künstlerisch” genug ist. Sie scheitern an lächerlichen Kleinigkeiten, weil Sie sich in Details verzetteln. Sie stecken viel zu viel Arbeit in unwichtige Dinge und bekommen Ihren Film deswegen nicht fertig. Erkennen Sie sich wieder? Nein? Dann ist dieser Kurs für Sie genau richtig:

Dieser wöchentlich erscheinende Kurs wird Sie zu Ihrem eigenen vorführbaren Animationsfilm führen, Schritt für Schritt.

Medienfragmente sind kein Film
Wenn Sie ein paar Szenen haben, aber keinen Ton, dann haben Sie gar nichts. Wenn Sie ein paar vage Ideen haben und ein paar Skizzen und ein halb fertiges Drehbuch, dann haben Sie auch gar nichts. Sie haben erst dann etwas, wenn Sie etwas zeigen können! Ein fertiges Drehbuch, ein fertiges Animatic oder einen Film, der jede Szene bereits zeigt, auch wenn manche Szenen in der Ausarbeitung noch unvollständig sind. Verstehen Sie? Sie brauchen immer ein ganzes Werk zum Vorzeigen. Ihr Projekt durchläuft vier Stufen: Idee, Drehbuch, Animatic, Film. Jede dieser Stufen für sich ist bereits komplett vorzeigbar und diskutierbar. Ich zeige Ihnen hier, wie man jede Stufe für sich abschließt und damit schon ganz früh zu etwas Zeigbarem gelangt. Falls Sie es nicht bis zum fertigen Film schaffen sollten, so werden Sie doch immerhin die Idee vollständig haben oder das Drehbuch vollständig. Oder das Animatic vollständig. (Sie sehen schon, ich reite immer auf der Vollendung der einzelnen Werke herum!) Und ich versuche, Ihnen nahezubringen, wie man es rechtzeitig schafft. Rechtzeitig heißt, dass man realistisch plant, sodass man nur die Ziele anpeilt, die überhaupt erreichbar sind; rechtzeitig fertig wird man, wenn es gelingt, seine knappen Ressourcen richtig und sparsam für die Produktion des Films einzusetzen!

Warum ist es so wichtig, den Film im Ganzen zu betrachten?
Ein Film funktioniert oder er funktioniert nicht. Ob er funktioniert, hat damit zu tun, was er erzählt und wie er das tut. Kennt man davon nur Teile, kann man dieses “Funktionieren” nicht oder nur schlecht beurteilen. Das frühzeitig zu beurteilen, darauf kommt es aber an, damit Sie die Geschichte ändern, bevor Sie teuer animiert haben. Oder damit Sie sogar abbrechen, bevor Sie einen Film machen, der Sie selbst nicht interessiert. Abbrechen ist gut, weil Sie dann Zeit für den richtigen Film haben! Schließlich sind die Ressourcen knapp!

Knappe Ressourcen? Was denn für knappe Ressourcen?
“Aber die Ressourcen sind doch gar nicht knapp!”, werden Sie jetzt vielleicht sagen, “ich mache den Film doch selbst, ich habe alle Zeit der Welt, ich kann dem Film doch unendlich viel Zeit und Energie widmen, wenn ich will!”

Das ist der Irrtum, an dem man scheitert. Mit diesem Kurs versuche ich, Ihnen zu zeigen, wie man diese Form des Scheiterns vermeidet und sicher von der Idee bis zum fertigen Film (und zum Festival) kommt. Es sind einfache, aber nützliche Schritte zu Ihrem Ziel: Einen eigenen Animationsfilm veröffentlichen.

Geht es auch anders?
Vielleicht schildere ich hier nicht den einzigen oder besten Weg, dies zu bewerkstelligen – aber ich zeige Ihnen einen Weg, der funktioniert. Sie werden von einem leeren Blatt Papier bis zur Einsendung zum Festival geführt. Falls Sie diesem Kurs folgen, wird er funktionieren. Falls Sie nicht weiterkommen, wissen Sie recht genau, woran es liegt, können eine Fertigkeit verbessern, einen erneuten Anlauf starten. Falls Sie es bereits erfolgreich anders machen, auch gut! Dann brauchen Sie diesen Kursus nicht.

Wie den Kurs durcharbeiten?
Sie sollten am besten von Anfang bis zum Ende jede Woche mitarbeiten, er ist nicht dazu gedacht, in der Mitte oder am Ende einzusteigen. Falls das dennoch funktionieren sollte, liegt das nicht daran, dass ich darüber nachgedacht hätte.

Bevor Sie sich entschließen, diesen Kurs mitzumachen, warten
Sie auf das übernächste Kapitel: “Voraussetzungen”, vielleicht stellen Sie es dann resigniert zurück oder Sie entscheiden sich, gleich noch ein paar Bücher über Animation oder Zeichnen oder das Drehbuchschreiben anzuschaffen. Ich werde ohnehin ab und zu mit Literaturhinweisen kommen.

Ich wünsche Ihnen auf dem Weg zu Ihrem Animationsfilm jedenfalls alles Gute und bin sicher, dass der hier skizzierte Weg gut funktioniert. Beginnen Sie mit der Übung für diese Woche!

Jens Bendig, Bremen, Juni 2010

Übung

Denken Sie einmal darüber nach, worüber Sie eine Geschichte machen könnten! Was könnte der Inhalt sein? Rache, Enttäuschung, Trauer? Ein Kampf? Der Beginn einer Freundschaft? Der Tod eines Freundes oder der Umgang mit einer Krankheit? Was es auch ist, das Sie beschäftigt, notieren Sie es auf kleinen Kärtchen in wenigen Worten. Später greifen Sie darauf zurück, wenn Sie versuchen, eine Geschichte zu entwickeln.

Übung

Schlafen Sie ab jetzt mindestens einmal pro Woche richtig aus (besser wäre natürlich, an jedem Tag auszuschlafen). Wenn Sie dann aufwachen, was geht Ihnen im Kopf herum? Notieren Sie es.

Übung

Kaufen Sie sich einen kleinen Notizblock und tragen Sie den stets bei sich. Notieren Sie drauflos, was Ihnen so in den Sinn kommt.

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