Drehbuchanalyse – Abbruch?

Nun haben Sie etwas erreicht: Sie haben die erste Visualisierung Ihres Films fertig: das Drehbuch. Sich den Film nun vorstellen zu können, ist der wichtigste Grund, warum Sie es geschrieben haben. Sie meinen, dass Sie sich durch einen Text den Film nicht so gut vorstellen können wie durch Bilder? Da ist etwas dran. Aber der strukturelle Aspekt Ihres Films tritt nun besonders klar hervor und das ist jetzt wichtig. Bevor Sie Ihren Film weiter konkretisieren, gehen Sie wie folgt vor:

Übung


1. Lesen Sie Ihr Drehbuch, nachdem Sie es ein paar Tage weggelegt haben. Gefällt es Ihnen noch? Hat es Stellen, die Sie gern ändern würden? Tun Sie das! Gefällt Ihnen das Drehbuch nicht? Wird es immer schlechter, je öfter Sie es umschreiben? Wie gut, dass Sie noch keine Filmproduktion angefangen haben! Werfen Sie das Drehbuch weg und überlegen Sie sich eine bessere Filmidee oder kehren Sie zur ersten Version zurück. Wenn Ihnen jetzt schon Zweifel kommen, halten Sie die Produktion des Films sowieso später nicht durch, das wird nämlich noch viel Arbeit, dagegen ist das bisschen Drehbuch ein Klacks. Und die Zweifel fangen erst richtig an zu nagen, wenn Sie an einer schwierigen Szene arbeiten, zu der Sie besonders wenig Lust haben.

Übung


2. Machen Sie eine Analyse des Paradigmas (malen Sie das Paradigma für Ihr Drehbuch im Speziellen auf!). Als ich mein erstes Drehbuch von “EINS” auf diese Weise analysiert hatte, fiel mir auf, dass der zentrale Punkt die Szene ist, in der EINS merkt, dass er inkompatibel geworden ist. Vorher dachte ich gar nicht an einen zentralen Punkt und EINS hat in der usprünglichen Version noch versucht, die anderen von seinen neuen Denkweisen zu überzeugen, obwohl er selbst schon wusste, dass er nicht mehr kompatibel zur Arbeit war. Jetzt im Paradigma sah ich es deutlich vor mir: Reihenfolge umdrehen – funktioniert viel besser, die Handlungsweise des Charakters ist jetzt nachvollziehbarer, wenn der zentrale Punkt wirklich zur Mitte rutscht. Er versucht nun, die anderen zu überzeugen, bis er merkt, dass er nicht mehr arbeiten kann, selbst wenn er wollte. Daraufhin gibt er sein Vorhaben auf. Das stört ihn mehr als sein Außenseiterleben.

Beim Lesen gefiel mir die umgestellte Variante wirklich besser. Wenn das nicht so gewesen wäre, hätte ich natürlich auf das Paradigma gepfiffen und alles so gelassen, wie es ursprünglich war. Sie sollten das auch so machen: Wenn Ihnen die Analyse bei der Verbesserung der Struktur hilft, dann berücksichtigen Sie das. Falls Sie partout das Gefühl haben, dass Sie vom Paradigma abweichen sollten, dann vertrauen Sie Ihrem Gefühl unbedingt mehr als irgendwelchen Konstruktionszeichnungen. Sie wollen eine maximale Wirkung beim Zuschauer erreichen. Es ist meistens so, dass die “bewährten” Vorgehensweisen die beste Wirkung erzielen. Es ist aber nicht immer so.

Andere Meinungen

Nun ist Ihre Idee bereits so klar und gefestigt, dass Sie auch andere Meinungen einholen können. Lassen Sie Ihr Drehbuch gern von anderen Menschen lesen, deren Meinung Ihnen wichtig ist. Schreiben Sie gegebenenfalls Ihr Drehbuch um und gehen Sie dann dieses Kapitel noch einmal durch. Es lohnt sich. Die Filmproduktion ist sehr anstrengend und lohnt sich nicht für einen mittelmäßigen Stoff.

Warnung: Bauen Sie (in Deutschland) nicht darauf, dass Sie durch den Zuspruch anderer motiviert werden! Rechnen Sie viel eher damit, dass die Kritik Ihrer Mitmenschen demotivierend wirken kann. Überlegen Sie sich, ob Sie überhaupt an der Meinung Dritter interessiert sind. (Ich war es nicht.) Wenn Sie ein sicheres Gespür haben und Ihr Stoff ist gut, warum dann das Risiko eingehen, sich von dieser Überzeugung abbringen zu lassen? Die Meinung Dritter ist ein zweischneidiges Schwert. Vertrauen Sie Ihrer eigenen Meinung stets mehr als dem Gerede anderer Leute!

Sie haben nun ein gutes Drehbuch geschrieben, kennen dessen Plotpoints und fühlen sich mit der Geschichte wohl? Super, dann können Sie mit der Visualisierung des Film voranschreiten. Im nächsten Kapitel geht es um das Animatic. “Endlich Bilder!”, rufen manche unter den Lesern jetzt sicher aus und ich stimme in den Chor mit ein.

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