Bildformat festlegen, Bildrate bedenken

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, rein technische Artikel öden mich oft an. Dieser ist so einer. Irgendwie fühlte ich die Verpflichtung, ihn dennoch zu schreiben. Augen auf und durch:

Bildformat
Sie müssen sich irgendwann auf ein Bildformat festlegen. Damit meine ich die Festlegung auf ein Seitenverhältnis, in dem Sie Ihre Bilder erstellen. Schauen Sie sich einmal Ihr Storyboard an. Sieht es eher nach dem “akademischen” 4:3-Format aus? Oder doch Breitwand? Das üblichste Format ist zur Zeit der Drucklegung wohl 16:9, was ja ungefähr einem 2:1-Format entspricht und daher einen Kompromiss darstellt zwischen dem Kinoformat (2,35:1 oder sogar 3:1) und dem alten Fernseh-Format (4:3), das ursprünglich auch im Kino Verwendung fand.

Die Geschichte der Filmformate und der ewige Kampf des Kinos mit dem Pantoffelkino zu Hause ist recht interessant und zeigt, wie technischer Konkurrenzkampf einen starken Einfluss auf die Filmästhetik und Bildgestaltung nimmt.
Wenn Sie sich für die Geschichte der Amateurfilmkameras und deren Formate interessieren, dann ist das zweibändige Taschenbuch “FamilienKino” sicher etwas für Sie. Da erfahren Sie dann auch wissenswerte Details über den Ernemann-17,5-mm-Film, mittenperforiert, aber das nur am Rande – wer weiß heute noch, was eine Perforation ist und wozu die alles gut sein kann. Schweife ich ab?

Das Bildformat ist wichtig
Rechnen Sie ruhig mal damit, dass Ihr Festival 16/9 projizieren kann oder Sie einfach Ihr Wunschformat durch schwarze Balken erzeugen. Ein Bild im Format 2.35:1 wirkt deutlich anders als 16:9 oder 4:3. Für manche Filme ist 4:3 tatsächlich besser geeignet als ein Breitbild, obwohl breiter meistens “cooler” wirkt.

Übung

Wenn Sie sich unsicher über das Bildformat sind, spendieren Sie etwas Zeit und experimentieren Sie damit herum, es lohnt sich. Ich meine damit die Zeichnungen ihres Storyboards.

Eine Anmerkung zur Bildrate

Ich möchte Sie hier nicht mit technischen Daten langweilen. Daher nur ein kurzer Ausflug in die Probleme, die sich aus den verschiedenen Bildformaten und -raten ergeben. Falls Sie Ihren Film ausschließlich in Deutschland vorführen, können Sie weiterblättern, Ihre Bildrate ist 25 Frames pro Sekunde und fertig. Das Format ist entweder PAL oder HD.

Aha, Sie denken auch über den amerikanischen Raum nach? Über Kinos? Nun, denn:

Im europäischen Fernsehen ist die Bildrate 25 fps (frames per second)
In Amerika ist die Bildrate hingegen 30 fps. Im Kino ist die Bildrate international 24 fps einheitlich.

Bildraten konvertieren
Das Umrechnen von leicht abweichenden Bildgrößen stellt heutzutage kein technisches Problem mehr dar, das Konvertieren von Bildraten ist aber mit Schwierigkeiten verbunden. Eine Konvertierung von ntsc nach PAL oder zurück führt zu 5 kleinen Rucklern pro Sekunde. Viele Menschen nehmen das gar nicht wahr. Andere treibt es zum Wahnsinn, mich zum Beispiel.

Falls Sie eine große Zahl von Einzelbildern in der Größe anpassen müssen, können Sie das in guter Qualität mit Programmen wie Adobe Photoshop oder dem Graphikkonverter tun. Es kann nämlich sein, dass Ihre Schnittsoftware solche Konvertierungen nur in ungenügender Qualität vornimmt. Da hilft nur: Ausprobieren!

Man kann sich fragen, ob es nicht eine Lösung gibt, die beide Bildraten zufriedenstellt. Phil “Captain 3D” McNally gibt uns hier einen interessanten Tipp: Falls Sie beabsichtigen, Ihrem gesamten Film eine Bewegungsunschärfe zu verpassen, dann können Sie Ihren Film mit 150 fps rendern und dann für die 25-fps-Version jeweils 6 Bilder zu einem Frame überlagern, für die 30-fps-Version überlagern Sie 5 Bilder. Sie haben dann in Europa eine etwas stärkere Bewegungsunschärfe als in den USA, das fällt aber kaum auf. Diese Methode bietet sich aber nur an, wenn Sie durchgehend mit einem motionBlur arbeiten wollen. Ich persönlich entscheide das für jede Szene getrennt.

Natürlich kostet eine so hohe “Samplingrate” beim Rendern viel Rechenzeit und in dem Fall, wo Sie ohne Bewegungsunschärfe arbeiten wollen, können Sie so auch nicht vorgehen. Dann müssen Sie sich für eine Bildrate entscheiden und die konvertierte Fassung ruckelt halt, oder Sie rendern alles zweimal, was ziemlich lästig ist.

Hier habe ich noch einen Tipp für Sie, den ich bei EINS angewendet habe: Ich habe einfach auf 25 fps gerendert und für die SIGGRAPH in den USA eine 24-fps-Version durch Verlangsamung erzeugt – viele Festivals können nämlich auch diese Framerate abspielen. Das geht recht einfach: Exportieren Sie den fertigen Film als Einzelbilder, lesen Sie ihn dann mit der neuen Framerate wieder ein. Der Film ist nun etwas länger, weil er ja langsamer läuft. Also müssen Sie die Tonspur minimal verlangsamen. Mit Audacity können Sie das machen, ohne die Tonhöhe zu ändern – fertig.

Es bleibt Ihnen nur die Hoffnung, dass die Festivals in Zukunft weltweit einfach alle Frameraten annehmen oder man sich auf etwas einigt. Das wird nicht passieren, deswegen bleibt Ihnen nur die Hoffnung.

Stereoskopie?
In der nächsten Zeit werden stereoskopisch gerenderte Filme vermutlich auch für Kurzfilmfestivals an Bedeutung gewinnen, was die Formatfrage vermutlich nicht vereinfachen wird. Wenn Sie stereoskopisch arbeiten wollen, gibt es noch weitere Dinge, die Sie beachten müssen, damit der sogenannte Eye-Strain (Augenstress) minimal bleibt, vor allem betrifft das den Schnitt und die Tiefenschärfen. Stereoskopie ist also nicht einfach nur ein weiteres Format, das man mal eben mitrendert. Dazu kenne ich leider noch keine Literatur und habe damit auch bisher keine eigene Erfahrung gesammelt, ich durfte aber mal bei Phil McNally über die Schulter schauen, als er für Dreamworks Animation die stereoskopische Qualitätssicherung an “Shrek 3″ vornahm.

30 fps/29,97 fps
Genau genommen ist die Bildrate im NTSC-Format nicht 30 Bilder pro Sekunde, sondern 29,97. Aus Gründen der Einfachheit ignoriert man das oft, rechnet einfach mit 30 fps und erst beim finalen Schnitt schreibt man den Film mit 29,97 fps heraus. Entweder riskiert man einen Bildsprung bei jedem tausendsten Bild (nicht zu empfehlen) oder man sorgt für eine leichte Verlangsamung des Films (um ein Dreißigstel), sodass der Film etwas länger dauert, aber bei 29,97 fps nicht ruckelt. Das erreichen Sie z.B., indem Sie den Film mit 30 fps als Einzelbilder ausspielen und diese mit 29,97 wieder importieren. Die Asynchronität zur Tonspur ist so gering, dass Sie diese meistens vernachlässigen können.

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